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01.12.12: Patenrechtsstreit Brüstle vs. Greenpeace beendet: Bundesgerichtshof entscheidet über Patentierung von embryonalen Stammzellen

Bild Bundesgerichts Im Patentstreit zwischen der Umweltorganisation Greenpeace und dem Stammzellforscher Prof. Dr. Oliver Brüstle hat der für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe am 27.11.12 ein abschließendes Urteil über die Patentierung von Zellen, die aus menschlichen Stammzellen hergestellt werden, gefällt. Der BGH kam zu dem Urteil, dass Zellen, für deren Gewinnung menschliche Embryonen zerstört werden, nicht patentiert werden dürfen. Damit wurde ein vorläufiger Schlussstrich unter einen seit Jahren andauernden Streit zwischen dem Bonner Stammzellforscher Prof. Dr. Oliver Brüstle und der Umweltorganisation Greenpeace gezogen. Greenpeace, die Bundesärztekammer und andere Organisationen wie die Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V. haben im Vorfeld der Entscheidung eindringlich gefordert, ethische Grenzen im Patentrecht einzuhalten.

Hintergrund zum Patentrechtsstreit Brüstle vs. Greenpeace

Wie der Bundesgerichtshof in einer Pressemitteilung zum Urteil ausführte, wurde das zu beurteilende Patent am 19. Dezember 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und von diesem am 29. April 1999 erteilt. Es betrifft so genannte neurale Vorläuferzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten bei Tieren und Menschen. Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Behandlung mit Vorläuferzellen eine Alternative zu der im Stand der Technik bekannten Transplantation von Nervenzellen dar. Die für die Transplantation eingesetzten Nervenzellen seien vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen worden. Als Ausgangsmaterial für die vom Patent geschützten Vorläuferzellen dienen demgegenüber embryonale Stammzellen. Diese können nach den Ausführungen in der Patentschrift unter anderem aus Embryonen in einem frühen Entwicklungsstadium gewonnen werden, was mit der Zerstörung der Embryonen verbunden ist.

Der Kläger Greenpeace e.V. hat dieses Patent mit der gegen den Patentinhaber Prof. Dr. Oliver Brüstle gerichteten Nichtigkeitsklage angegriffen, soweit es um Zellen geht, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Es hat dieses Ergebnis auf § 2 Abs. 2 des deutschen Patentgesetzes (PatG) und die gleichlautende Regelung in Art. 6 der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 gestützt.

In § 2 PatG heißt es wörtlich: "(1) Für Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, werden keine Patente erteilt… (2) Insbesondere werden Patente nicht erteilt für ... 3. die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken; (...)".
Gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts hatte Patentinhaber Brüstle Berufung eingelegt.

Richtungsweisende Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union

Bild EU-GerichtshofNach einer ersten mündlichen Verhandlung hat der Bundesgerichtshof eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung von Art. 6 der Richtlinie eingeholt. Der EuGH hat mit Urteil vom 18. Oktober 2011 (C-34/10 - Brüstle/Greenpeace) unter anderem entschieden, dass jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an ein "menschlicher Embryo" im Sinne der Richtlinie ist, dass der Patentierungsausschluss sich auch auf die Verwendung von menschlichen Embryonen zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung bezieht und dass eine Erfindung nach Art. 6 der Richtlinie auch dann von der Patentierung ausgeschlossen ist, wenn in der Beschreibung der beanspruchten technischen Lehre die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt ist, die technische Lehre, die Gegenstand des Patentantrags ist, aber die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert (siehe Das Themenspecial vom 22.10.2011).

Brüstle hat sein Patent auch nach dieser Entscheidung in vollem Umfang verteidigt. Hilfsweise hat er beantragt, das Patent in geringerem Umfang für nichtig zu erklären, als das Bundespatentgericht dies getan hat.

Bundesgerichtshof weist weitergehende Berufung zurück

Der Bundesgerichtshof hat auf die mündliche Verhandlung am 27. November 2012 dem Hilfsantrag des Patentinhabers stattgegeben und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Damit ist das Patent nichtig, soweit Vorläuferzellen aus menschlichen embryonalen Stammzellen umfasst sind, bei deren Gewinnung Embryonen zerstört worden sind. Der Patentschutz bleibt hingegen bestehen, soweit menschliche embryonale Stammzellen durch andere Methoden gewonnen werden. Dies geht über den vom Bundespatentgericht für zulässig erachteten Umfang des Patentschutzes hinaus.

"Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs hat das Patent im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der erteilten Fassung keinen Bestand, weil ansonsten der mit § 2 PatG nicht vereinbare Eindruck vermittelt würde, die in der Beschreibung mehrfach erwähnte Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen aus Embryonen sei von der Patentierung mit umfasst und werde dadurch vom Staat gebilligt", hieß es in der Presseerklärung.

Die mit dem Hilfsantrag verteidigte eingeschränkte Fassung ist hingegen nicht von der Patentierung ausgeschlossen. Hierfür hat es der Bundesgerichtshof als ausreichend angesehen, dass es Methoden gibt, mit der menschliche embryonale Stammzellen ohne Zerstörung von Embryonen gewonnen werden können. Vor diesem Hintergrund hat er es für zulässig erachtet, dass der Patentinhaber den Patentanspruch mit einer allgemein gefassten Einschränkung versieht, ohne dass es näherer Klärung bedarf, ob es noch weitere gangbare Wege gibt, auf denen menschliche embryonale Stammzellen ohne Tötung von Embryonen gewonnen werden können.

Den Einsatz von menschlichen embryonalen Stammzellen als solchen hat der Bundesgerichtshof nicht als Verwendung von Embryonen im Sinne der Richtlinie qualifiziert. "Stammzellen weisen nicht die Fähigkeit auf, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen. Dass sie unter Umständen durch Kombination mit bestimmten anderen Zellen in einen Zustand versetzt werden können, in dem sie über die genannte Fähigkeit verfügen, reicht nicht aus, um sie schon vor einer solchen Behandlung als Embryonen ansehen zu können", so die Richter.

Reaktionen auf das Urteil des Bundesgerichtshofs

Für den Patentinhaber Brüstle kam die Entscheidung nicht unerwartet. "Nach dem sehr restriktiven EuGH-Urteil besteht für die Mitgliedsstaaten wenig Spielraum für eine Auslegung. Mehr konnten wir nicht erwarten", erklärte er in einer Pressemitteilung der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Brüstle betonte, das Urteil komme zu einer Zeit, in der mehr und mehr Alternativen für die Gewinnung pluripotenter Zellen entwickelt werden. "Insofern schafft das Urteil auch Klarheit darüber, auf welche Zelllinien sich das Feld für die Entwicklung von Zelltherapien konzentrieren kann", so der Stammzellforscher.

Nach Meinung des Patent-Beraters von Greenpeace, Dr. Christoph Then, stärke die Entscheidung des BGH die ethischen Grenzen im Patentrecht. "Es ist zu erwarten, dass in Zukunft stärker in ethisch unbedenkliche Verfahren investiert wird, um Stammzellen zu gewinnen. Patienten, Ärzte und Stammzellforscher sollten gleichermaßen daran interessiert sein, dass die notwendigen ethischen Grenzen im Patentrecht gewahrt bleiben", so Then in einem Pressestatement nach der Verhandlung. Mit dem Urteil seien allerdings nicht alle rechtlichen Fragen endgültig geklärt. Erst die künftige Rechtsprechung werde zeigen, welche Auswirkungen das Urteil genau hat.

Der gesundheitspolitische Sprecher der EVP - Christdemokraten im Europäischen Parlament, Dr. med. Peter Liese begrüßte die Entscheidung der Karlsruher Richter ausdrücklich. "Die Entscheidung des BGH ist konsequent. Sie ist ein Sieg menschlicher und ethischer Grundwerte gegenüber den kommerziellen Interessen einzelner. Ein Patent auf menschliche embryonale Stammzellen darf es nicht geben. Dies entspricht dem Geist und den Buchstaben der zu Grunde liegenden europäischen Richtlinie", erklärte Liese in einer Presseaussendung.

Liese forderte die Wissenschaftler in Deutschland und Europa auf, den Focus nun stärker auf die ethisch vertretbaren Alternativen wie adulte Stammzellen, Stammzellen aus dem Nabelschnurblut und IPS-Zellen zu legen. "Die Verleihung des Medizin-Nobelpreises an Yamanaka zeigt, dass hier bahnbrechende Erfolge zu verzeichnen sind. Bei adulten Stammzellen und Stammzellen aus dem Nabelschnurblut gibt es schon über 70 Erkrankungen, die zum Teil sehr erfolgreich behandelt wurden. Insgesamt gibt es über 6000 klinische Prüfungen. Im Gegensatz dazu gibt es keinerlei Erfolge am Patienten durch embryonale Stammzellforschung. Daher ist eine neue Ausrichtung der Stammzellforschung auch im Sinne der Patienten", so Liese abschließend.
 

Weiterführende Informationen:

Presseartikel zu Bundesgerichtshof-Urteil zu Stammzellenpatent

Nachfolgend finden Sie chronologisch sortiert eine Auswahl an Meldungen zum Bundesgerichtshofurteil im Stammzellenpatentstreit.

29. November 2012

Urteil zu Stammzellen hat begrenzte Wirkung
Von Katrin Blawat
Das Urteil zu Patenten auf die Nutzung embryonaler Stammzellen wird sich auf die Wissenschaft kaum auswirken.
SUEDDEUTSCHE.DE 29.11.12


28. November 2012

Patente auf embryonale Zellen erlaubt
Bundesgerichtshof gibt in einem Grundsatzurteil einem Bonner Neurologen recht – mit Einschränkungen
Von Ulli Kulke
DIE WELT 28.11.12

Keine Chance für kein Patent auf Leben
BGH zu embryonalen Stammzellen
von Dr. jur. Oliver Tolmein
Glaubt man den Presseerklärungen der Parteien, dann gab es am Dienstag vor dem X. Senat des BGH nur Gewinner.
LEGAL TRIBUNE Online 28.11.12

Stammzellenforschung: Unerfülltes Heilsversprechen
Der klinische Nutzen der embryonalen Stammzellen ist zweifelhaft. Vermutlich eignen sich adulte Stammzellen weit besser für Therapien.
von Heike Haarhoff
TAZ 28.11.12

Stammzellurteil: Gemischte Reaktionen
Bonn – Das Urteil des Bundesgerichtshofs zu Patenten mit embryonalen Stammzellen hat gemischte Reaktionen hervorgerufen.
AERZTEBLATT.DE 28.11.12

Patente Entscheidung
BGH urteilt im Stammzellenstreit zu aller Zufriedenheit
Michael Lange im Gespräch mit Ralf Krauter
DEUTSCHLANDFUNK 28.11.12


27. November 2012

Keine Patente auf embryonale Stammzellen
Von Ursula Knapp und Anne Brüning
FRANKFURTER RUNDSCHAU 27.11.12

Kein Patent zum Töten
Bundesgerichtshof schränkt Biopatent ein
Der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle ist enttäuscht. Er erhält nur ein stark eingeschränktes Patent zur Herstellung von Nervenzellen.
von Christian Rath
TAZ 27.11.12

Bundesgerichtshof: Keine Patente auf embryonale Stammzellen
AERZTEBLATT.DE 27.11.12

"Wir brauchen wirksame ethische Standards"
Katholische Kirche fordert nach Stammzellurteil Wertediskussion
DOMRADIO 27.11.12

BGH erlaubt Patente auf Stammzelltechnik mit Einschränkungen
von Jana Schlütter
TAGESSPIEGEL 27.11.12

Bundesgerichtshof erlaubt Stammzell-Patente unter Auflagen
Wenn dafür keine Embryonen sterben müssen, sind Therapie- und Forschungsverfahren mit Stammzellen künftig patentierbar.
Von Dagny Lüdemann
ZEIT Online 27.11.12

Stammzellen-Forschung: BGH erlaubt Embryo-Patente mit Einschränkung
SPIEGEL Online 27.11.12

Stammzellen vor Gericht: Minierfolg für Bonner Forscher
Der Streit um Patente für Stammzellen hat erneut die Gerichte beschäftigt - jetzt mit einem kleinen Erfolg für die Forscher.
Ärzte Zeitung online, 27.11.12

Kein Patent auf menschliche Embryonen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Zellen, für deren Gewinnung menschliche Embryonen zerstört werden, nicht patentiert werden dürfen.
Interview mit Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekanmmer
GREENPEACE 27.11.12

Patentierungsverbot von embryonalen Stammzellen wird deutsches Recht
Alternativen fördern, diese sind auch näher am Patienten
PRESSEMITTEILUNG Dr. Peter Liese MdEP, EVP-ED 27.11.12

BGH: Brüstle-Patent bleibt mit Einschränkungen bestehen
Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Patentstreit zwischen dem Bonner Stammzellforscher Prof. Dr. Oliver Brüstle und Greenpeace e.V. verhandelt. In dem Patent geht es um ein Verfahren zur Gewinnung von Zellen des Nervensystems aus humanen embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) und deren Verwendung zur Behandlung neurologischer Erkrankungen.
PRESSEMITTEILUNG Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 27.11.12

Bundesgerichtshof entscheidet über Patentierung von neuralen Vorläuferzellen
Der für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Patentierung von Zellen entschieden, die aus menschlichen Stammzellen hergestellt werden.
PRESSSEMITTEILUNG Bundesgerichtshof (BGH) 27.11.12

Bundesgerichtshof entscheidet über Patente auf Stammzellen
DOMRADIO 27.11.12

Sind menschliche Zellen patentierbar?
Wird der Bundesgerichtshof gegen die Patentierbarkeit von Therapien mit embryonalen Stammzellen urteilen? Der wissenschaftliche und wirtschaftliche Anreiz würde für europäische Forscher immer geringer. Anstoß, der Kommentar.
Von Michael Hesse
KÖLNER STADT-ANZEIGER 27.11.12


26. November 2012

Grundsatzentscheidung erwartet
Patente auf embryonale Stammzellen vor Bundesgerichtshof
DOMRADIO 26.11.12

ALfA fordert Rücknahme des Patents zur Stammzellenforschung
Kaminski: Rechtsfrieden sichern
ZENIT.ORG 26.11.12


21. November 2012

Urteil: Patentverbot von Stammzellen wird deutsches Recht
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs verbietet Patente auf embryonale Stammzellen - es soll am Dienstag in deutsches Recht übertragen werden.
SPIEGEL Online 21.11.12

Ärzte und Greenpeace gegen kommerzielle Nutzung von Embryonen
Berlin – Embryonale Stammzellen dürfen auch im frühesten Stadium ihrer Entwicklung nicht patentierbar sein.
AERZTEBLATT.DE 21.11.12

Greenpeace und Bundesärztekammer fordern Einhaltung ethischer Grenzen im Patentrecht
Bundesgerichtshof entscheidet über kommerzielle Nutzung von Embryonen
PRESSEMITTEILUNG Greenpeace 21.11.12

Greenpeace und Bundesärztekammer fordern: Ethische Grenzen im Patentrecht einhalten
Bundesgerichtshof entscheidet über kommerzielle Nutzung von Embryonen
PRESSEMITTEILUNG Greenpeace und Bundesärztekammer 21.11.12

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